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Nachhaltigkeit

Nanotechnologie: Nach der Euphorie kommt die Arbeit

Es ist schon ein paar Jahre her, da ging es hauptsächlich um die Chancen und den Nutzen, wenn in den Medien über die Nanotechnologie berichtet wurde. Anschließend beherrschten eher mögliche Risiken die Diskussion. Mittlerweile ist es in der Berichterstattung zum Thema „Nanotechnologie“ ruhiger geworden. Die Unsicherheit bei der Industrie und den Verbrauchern ist jedoch geblieben. Und jetzt? Dr. Martin Brudermüller, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Chief Technology Officer der BASF, verantwortet das Thema im Unternehmen.

Dr. Martin Brudermüller

Herr Brudermüller, die BASF nutzt die Nanotechnologie mittlerweile seit vielen Jahren. Hat sich das bewährt?

Ja, ganz sicher. Wir haben mittlerweile eine Reihe von Produkten erfolgreich in den Markt gebracht, bei deren Entwicklung die Nanotechnologie eine entscheidende Rolle gespielt hat. Das sind zum Beispiel der Dämmschaum Slentite®, der Autoklarlack iGloss®, das Betonzusatzmittel Master XSeed® oder auch der Sonnenschutzfilter Tinosorb® A2B. Es hat sich gezeigt, dass die Nanotechnologie eine für uns wichtige Technologie ist, die Innovationen mit neuen Eigenschaften zugänglich macht und gleichzeitig hilft, Ressourcen zu schonen. Ohne die Nanotechnologie hätten wir einige Produkte sicherlich nicht in unserem Portfolio.

Klar ist aber auch: Wie bei vielen anderen neuen Technologien, gab es auch bei der Einführung der Nanotechnologie zunächst eine gewisse Aufregung gepaart mit der Erwartung, dass sich sehr schnell neue Produkte mit bahnbrechenden Eigenschaften am Markt durchsetzen würden. Jedoch kommt nach der Euphorie immer erst die Arbeit. Hier zeigt sich, was eine Technologie wirklich kann. Bis die Produkte hin zur Marktreife entwickelt und beim Kunden qualifiziert sind, vergehen oft viele Jahre. Das ist ein ganz typischer Ablauf für jede neue Technologie und nicht spezifisch für die Nanotechnologie.

Gleichzeitig ist die Sicherheit von Nanomaterialien immer ein Thema. Wie ist Ihre Position dazu?

Wir bringen nur Produkte auf den Markt, die in der dafür vorgesehenen Anwendung sicher sind, sowohl für den Menschen als auch für die Umwelt. Dafür übernehmen wir die Verantwortung.

Dass wir diese Aussage so und aus tiefer Überzeugung auch für Nanomaterialien treffen können, verdanken wir unserer eigenen exzellenten Sicherheitsforschung. Unsere Experten sind international anerkannt. Ihre Forschungen tragen entscheidend dazu bei, dass die Sicherheit von Produkten fundiert bewertet und die gesetzlichen Regulierungen erfüllt werden können. In den vergangenen Jahren haben wir über 240 toxikologische und ökotoxikologische Studien durchgeführt sowie uns an mehr als 30 Projekten zur Sicherheit von Nanomaterialien beteiligt. So wurden zum Beispiel, gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMUB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), in einer weltweit einzigartigen Langzeitstudie mögliche Langzeiteffekte von Nanopartikeln in der Lunge untersucht. Mit den Ergebnissen, die Anfang kommenden Jahres publiziert werden sollen, werden wir wieder viele neue Erkenntnisse gewinnen, die in eine sachliche Sicherheitsdiskussion der Nanotechnologie einfließen können.

Aber nicht nur wir betreiben Sicherheitsforschung. Die EU hat bis heute fast 300 Millionen Euro in Untersuchungen zur Sicherheit der Nanotechnologie investiert. Bisher wurde in keinem Fall eine Toxizität der untersuchten Nanomaterialien festgestellt, die allein von der Größe der Nanopartikel ausgeht. Ob etwas toxisch ist, hängt primär von der Chemie des Stoffes ab - und erst sekundär von der Größe der Partikel.

Ist es nicht zu spät, sich erst um die Sicherheit von neuen Produkten zu kümmern, wenn sie schon am Markt sind oder kurz davor?

Das würde natürlich nicht reichen. Daher haben wir schon in einem frühen Forschungsstadium eines Produktes die Sicherheit im Blick und prüfen das regulatorische Umfeld, damit es am Ende keine toxikologischen und regulatorischen Überraschungen gibt. Wir betrachten dabei den gesamten Lebenszyklus eines Produktes. Es hat sich gezeigt, dass zum Beispiel Kunststoffe oder Baustoffe, die Nanomaterialien enthalten, genauso sicher verwendet werden können wie andere Kunststoffe oder Baustoffe auch.

Und dennoch herrscht Unsicherheit bei Verbrauchern und Unternehmen, wenn es um die Nanotechnologie geht. Wie geht die BASF damit um?

Ich bin überhaupt nicht unsicher, wenn es um die Bedeutung, den Nutzen und die Sicherheit der Nanotechnologie geht.

Aber es ist für alle Beteiligten in der Wertschöpfungskette schwierig zu planen, wenn man nicht weiß, wohin die Reise geht und wie das regulatorische Umfeld in Zukunft aussehen wird. Das gilt nicht nur für die BASF, sondern auch für unsere Kunden und die Verbraucher. Denn auch die fragen sich: Sollen wir Produkte mit Nanomaterialien verkaufen beziehungsweise kaufen? Sind diese Produkte sicher? Sind existierende Regulierungen ausreichend und haben diese dauerhaft Bestand?

Deshalb wünschen wir uns von der Politik klare und angemessene Regelungen, die Sicherheit Vorfahrt geben, Unsicherheit beseitigen und Innovationen ermöglichen. Die Grundlage für solche Regelungen müssen wissenschaftlich fundierte Fakten sein. Einzelne Stoffgruppen, wie zum Beispiel Nanomaterialien, dürfen nicht unabhängig oder entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse von vorneherein als gefährlich eingestuft werden. Dafür engagieren wir uns politisch.

Ich bin aber auch davon überzeugt, dass man hier nur gemeinsam mit allen beteiligten Interessengruppen für mehr Klarheit und somit Entscheidungskompetenz sorgen kann. Aus dem Grund suchen wir als BASF das Gespräch mit Kunden, um Unsicherheiten früh zu begegnen und mit ihnen darüber zu sprechen, wie der zukünftige gemeinsame Weg für eine erfolgreiche Nutzung der Nanotechnologie aussehen kann. Zudem sind wir seit Jahren im Dialog mit verschiedenen Vertretern von Umwelt- und Verbraucherorganisationen, z.B. in unserem Dialogforum Nano, um ein gegenseitiges und in einigen Punkten auch gemeinsames Verständnis zu schaffen.

Gemeinsam haben wir schon ein gutes Stück auf unserem Weg zurückgelegt, ein politisches und gesellschaftliches Umfeld aufzubauen, in dem wir die Potentiale der Nanotechnologie sicher nutzen können. Ich bin überzeugt, dass wir auch das letzte Stück noch schaffen.