Porträt Eckart Runge
Eckart Runge ©Roland Unger
Porträt Eckart Runge
Dreißig Jahre lang war Eckart Runge durch alle Besetzungswechsel hindurch die Konstante des Artemis Quartetts. Seit 2019 geht der Cellist eigene künstlerische Wege, vor allem um sich auch anderen musikalischen Genres zu widmen. Dass ihm dieser Spagat wie von der Presse attestiert mit „zauberischer Wandlungsfähigkeit“ und „jenseits aller Schubladen und Etiketten“ gelingt, wird Runge im Rahmen des Künstlerporträts mehrfach unter Beweis stellen.
Zum Auftakt kehrt er aber noch einmal zu seinen Anfängen zurück. Einerseits, indem er seine jahrzehntelange Quartetterfahrung mit einem vielversprechenden Nachwuchsensemble teilt, andererseits, indem er sich selbst noch einmal als leidenschaftlicher Kammermusiker präsentiert und gemeinsam mit den Musikerinnen und Musikern des Aris Quartetts Franz Schuberts Streichquintett interpretiert.
Mit der zweiten Station des Porträts bricht Eckart Runge auf zu neuen Ufern. In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Musik Nikolai Kapustins zu einem Geheimtipp in den Konzertsälen entwickelt. Auch wenn sich der 2020 verstorbene Komponist immer dagegen gewehrt hat als Jazzmusiker bezeichnet zu werden, darf der gebürtige Ukrainer ohne Übertreibung als ein Pionier des sinfonischen Jazz in seiner Heimat angesehen werden. Zur Verbreitung von Kapustins Musik hat auch Eckart Runge mit seinem unermüdlichen Einsatz beigetragen. Schon seit vielen Jahren spielte er gemeinsam mit seinem Duopartner Jacques Ammon Kapustins Kammermusikwerke. Bei einem persönlichen Treffen in Moskau vertraute der Komponist Eckart Runge schließlich die Noten seines ersten Cellokonzerts an, das bereits 1997 entstanden und bis dahin weder eingespielt noch aufgeführt worden war.
Eine nachvollziehbare Entscheidung, denn einen besseren Interpreten als den musikalischen Grenzgänger Runge, der sich mit spielerischer Leichtigkeit zwischen Klassik und Jazz, Tango und Filmmusik bewegt, kann man sich nur schwer vorstellen. Es scheint beinahe so, als hätte Kapustin Runge das Konzert mit seiner farbenreichen Sinfonik und seinem groovigen Bigbandsound geradezu auf den Leib geschrieben. Kurz bevor die Welt aufgrund der Pandemie zum Stillstand kam, erschien Runges Aufnahme des Konzerts als Ersteinspielung. Seitdem wartet das kurzweilige Virtuosenstück auf seine Uraufführung. Im Oktober 2022 soll es im BASF-Feierabendhaus nun endlich so weit sein.
Zum Abschluss des Porträts stößt Runge endgültig in unbekannte Gefilde vor und begibt sich auf die Spuren musikalischer Ikonen von der Klassik bis zum Rock, ausgehend vom größten Revolutionär der Musikgeschichte, Ludwig van Beethoven, über Frank Zappa und David Bowie bis hin zu Amy Winehouse. Dabei geht es mitnichten darum, der großen Anzahl unseliger Crossoverprogramme ein weiteres hinzuzufügen, sondern vielmehr um eine Revolution des Hörens. In Zeiten, in denen sich viele Menschen in sozialen Netzwerken unsozial benehmen und sich nicht einmal die Mühe machen, ihrem Gegenüber zuzuhören, erscheint eine neue Offenheit für unerhörte Klänge mehr als verlockend. Die musikalische Revolution könnte zunächst einmal damit beginnen, dass man die Meinungen, Gefühle und Geschmäcker des anderen respektiert, seine Andersartigkeit akzeptiert – um dann in einem zweiten Schritt vielleicht sogar selbst Gefallen daran zu finden. Genau an diesem Punkt setzen Eckart Runge und Jacques Ammon mit „Revolutionary Icons“ an. Und so fügt sich am Ende auf überraschende Weise zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört.
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