Ludwigshafen
Porträt Maurice Steger
Porträt Maurice Steger
Die Fachpresse hat ihn als „Paganini“ und „Hexenmeister der Blockflöte“ bezeichnet. Der Schweizer Maurice Steger gilt seit Jahren als einer der führenden Vertreter seines Fachs. Er versteht es, Repertoireklassikern neues Leben einzuhauchen, und setzt sich gleichzeitig für zeitgenössische Komponisten und unbekannte Werke ein. Virtuosität bedeutet für ihn nicht nur Schnelligkeit und technische Expertise, sondern vor allem, sich in einen Stil hineinzuleben und alle Facetten eines Werks erfahrbar zu machen. Zum Auftakt des Künstlerporträts schickt Steger die von ihm entwickelte Kinderfigur Tino Flautino auf eine Abenteuerreise durch Europa.
Eines Tages sitzt Tino Flautino im Schlossgarten, als ihm der Wind drei Blätter Papier mit Noten zuweht. Es sind wunderschöne Noten. Aber es gibt ein Problem: Das Stück, das Tino so gut gefällt, hat kein Ende. Ein Blatt scheint zu fehlen. Und weil Tino ganz begeistert von den Klängen ist, macht er sich kurzerhand auf die Suche. Unter anderem reist er quer durch Deutschland, wo er einem Mann namens Johann Sebastian Bach begegnet – aber von ihm stammt die Musik leider nicht. Und auch in London und Venedig, wo Tino ebenfalls Komponisten trifft, hat er keinen Erfolg. Weiter geht es nach Neapel, wo er den Kater Leo Leonardo kennenlernt – und da passiert etwas Wunderbares …
„Das Tolle an Tino Flautino ist, dass er mit ganz kleinen Mitteln auskommt“, so Steger. „In Wahrheit entsteht die Geschichte in den Köpfen der Zuhörerinnen und Zuhörer, sie können ihrer Fantasie freien Lauf lassen und selbst die weite Welt der Musik entdecken.“ Ein kreatives Spiel mit der Illusion, das zum Zuhören, Mitreisen und gemeinsamen Raten einlädt.
Auf der zweiten Station seines Porträts taucht der in Winterthur geborene Künstler und Leiter der Blockflötenfesttage Bad Kissingen ganz tief ein in sein Spezialgebiet – die Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts. Dafür hat sich Maurice Steger einen ausgewiesenen Experten an die Seite geholt. Das La Cetra Barockorchester Basel, benannt nach dem Violinkonzert „La Cetra“, also „Die Leier“, von Antonio Vivaldi, zählt seit vielen Jahren zu den führenden Originalklangensembles. 2009 wurde ihm für seine Verdienste um die Historische Aufführungspraxis der Europäische Preis für Alte Musik verliehen. Im vertrauten Einklang widmen sich die Protagonisten dieses Konzerts mit Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann zwei deutschen Großmeistern der Barockepoche – und sorgen mit ihren mal fröhlichen, mal verspielten, aber stets erfrischenden Interpretationen für eine ansteckende Lebendigkeit.
Ein echtes All-Star-Ensemble vereint das Programm „Bach und mehr“. Neben Maurice Steger zählen dazu unter anderen die Gambistin Hille Perl, eine Ikone der Alte-Musik-Szene, und der Mandolinist Avi Avital, vor drei Jahren seinerseits Porträtkünstler bei BASF. Auszüge aus Johann Sebastian Bachs Notenbüchlein für Anna Magdalena und Wilhelm Friedemann verbinden sich an diesem besonderen Abend mit Worten von Friedrich Hölderlin, Johann Wolfgang von Goethe, Immanuel Kant, Novalis, Lew Tolstoi und aus der Bibel zu einem stimmigen Gesamtbild. Rezitiert werden die im Spannungsfeld zwischen Glauben, Zweifel und Auflehnung angesiedelten Texte von Martina Gedeck. Seit vielen Jahren ist die Schauspielerin, die mit Filmen wie „Das Leben der Anderen“ oder „Die Wand“ auch international Erfolge feierte, eines der prägenden Gesichter unserer Zeit. Trotz ihrer zahlreichen Produktionen für Kino und Fernsehen nimmt das gemeinsame Konzertieren mit Musikern einen besonderen Platz in ihrem künstlerischen Schaffen ein. Als erfahrene und ausdrucksstarke Sprecherin gelingt es ihr wie kaum einer anderen Poesie mit Musik zu verbinden.
Zum Abschluss des Porträts wird Maurice Steger in einer Doppelfunktion als Dirigent und Solist zu erleben sein. Im Sinfoniekonzert mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz geht es dabei „very british“ zu. Das Programm „Meeting Point London Haymarket“ verbindet Musik einheimischer Komponisten wie Henry Purcell mit Werken, die entweder in England entstanden sind oder einen unmittelbaren Bezug dazu haben. Georg Friedrich Händel etwa erlangte Weltruhm im Vereinigten Königreich. Joseph Haydn schrieb anlässlich seiner beiden Reisen in die britische Hauptstadt eine Reihe von zwölf Sinfonien, darunter die berühmte Sinfonie mit dem Paukenschlag, die im Konzert erklingt. Seine Leidenschaft für Ausgrabungen und Wiederveröffentlichungen stellt Maurice Steger mit einem Konzert von Giuseppe Sammartini unter Beweis. Der in Mailand geborene Komponist und Oboist versuchte Anfang des 18. Jahrhunderts in London sein Glück zu machen und spielte dort unter Georg Friedrich Händel im Orchester des am Haymarket gelegenen Königlichen Theaters.