Nachhaltigkeit
Kommunikation als Schlüsselfaktor: Starting Ventures-Projekt #Hapi beschreitet neue Wege zur Unterstützung von ägyptischen Kleinbauern
19.09.2019
„Wie können wir vorhandene Instrumente für den Ackerbau, die meist nur Großbauern zur Verfügung stehen, anpassen, sodass möglichst viele Kleinbauern sie verwenden können?“ Diese Frage bildet den Ausgangspunkt für das Starting Ventures-Projekt #Hapi in Ägypten. Das Grundvorhaben des Projekts ist, Präzisionstechnologien für Landwirtschaft wie z.B. ein Frühwarnsystem für Pflanzenkrankheiten für Tomaten-Kleinbauern anzupassen. Dieses soll sie mit bedarfsgerechten Echtzeit-Empfehlungen dabei unterstützen, ihre Produktivität zu steigern.
Rund ein Drittel aller Arbeitsplätze sind in Ägypten in der Landwirtschaft angesiedelt. Neben Baumwolle werden häufig Gemüsesorten wie Mais, Kartoffeln und Tomaten angebaut. Bis zu 80 Prozent der Ackerflächen des Landes werden dabei von Kleinbauern bebaut. Im Alltag begegnen sie zahlreichen Herausforderungen. Hierzu gehören mangelndes Know-how von Anbaupraktiken, zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen und eine unzureichende Ausstattung. Noch dazu ist es schwierig, sie zu unterstützen: Viele Kleinbauern sind geografisch isoliert und aufgrund der hohen Analphabetenrate ist es schwierig, sie über traditionelle Kommunikationskanäle zu erreichen.
Das Projekt #Hapi hat zum Ziel, diese Umstände zu ändern: Bauern werden spezifische Warnungen zu Pflanzenkrankheiten sowie Empfehlungen zu Anbaupraktiken und zum Umgang mit Pflanzenschutzmitteln erhalten. Dies geschieht per Mobiltelefon mit SMS, Whatsapp und interaktivem Sprachdialogsystem (Interactive Voice Response, IVR). Das BASF-Projektteam, geleitet von Thavy Staal (Sustainability and Project Manager Agricultural Solutions Africa & Middle East bei BASF), Inji Zaki (Regional Sustainability und Digitalization Manager Agricultural Solutions Nile & Middle East bei BASF) und Abhijeet Sharma (Digital Development and Roll Outs Europe, Africa and Middle East bei BASF) entwickelt dazu bedarfsgerechte Kommunikationskonzepte und -kanäle, die Tomaten-Kleinbauern und Händler für Landwirtschaftsbedarf erreichen. Die Maßnahmen reichen von persönlichen Schulungen vor Ort bis hin zu einem Algorithmus-gestützten Frühwarnsystem, das auf Wetter- und Satellitendaten basiert. Die Zielgruppe gut zu verstehen, stellte sich als Schlüssel zum Projekterfolg heraus.
Face-to-Face-Schulungen als erster Schritt, um Vertrauen zu schaffen
„Mit dem neuen Geschäftsmodell für den Marktzugang hat BASF den Fokus auf einen besseren Zugang zu Kleinbauern gelegt, denen es an Schulungen für Anbaupraktiken fehlt. Diese Praktiken sind jedoch essentiell für die Entwicklung eines erfolgreichen Landwirtschaftsbetriebs,“ erklärt Zaki. 2017 begann BASF mit der Veranstaltung der „Mobile Agricultural Clinics“ (englisch für mobile Landwirtschaftskliniken), um Kleinbauern in abgelegenen Regionen zu unterstützen und zu schulen. Diese Container können mühelos an unterschiedlichen Orten aufgebaut werden. Sie ermöglichen persönliche Treffen zwischen Bauern und BASF-Experten, um Ratschläge und Diagnosen von Pflanzenkrankheiten von ihnen einzuholen. In Zusammenarbeit mit „CropLife Egypt“, einem Zusammenschluss von Unternehmen der Agrochemie-Industrie, wird dort der verantwortungsvolle Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vermittelt. Schwerpunkt der Inhalte liegt dabei auf den Themen Gesundheit und Umwelt. Aufgrund der niedrigen Alphabetisierung, und um über Produktfälschungen zu informieren, werden Inhalte visuell mit Grafiken und Fotos vermittelt. Stand heute haben mehr als 3.500 Landwirte die „Mobile Agricultural Clinics“ besucht – ein enormer Erfolg. Allerdings zeichnete sich bald ab, dass sich das Konzept weiterentwickeln musste, um noch mehr Landwirte zu erreichen.
Echtzeit-Ratgeber via Satellitentechnologie
In der zweiten Projektphase von #Hapi lag der Fokus daher auf der Ausweitung des Projekts mithilfe digitaler Technologien. Hierzu wird ein umfassendes Frühwarnsystem für Tomatenkrankheiten entwickelt. Anders als bei Systemen für Großbauern, die mithilfe von Smartphones, Computern oder Tablets direkt auf Präzisionsdaten zugreifen können, wird das Frühwarnsystem für Pflanzenkrankheiten hier in erster Linie von BASF-Experten aufgerufen. Diese filtern wichtige Informationen über Krankheitswahrscheinlichkeiten vor. Mit dieser Echtzeit-Information werden bedarfsgerechte Nachrichten an die Bauern gesendet, auf deren Kulturpflanzen das Infektionsrisiko zutrifft. Dies geschieht über SMS, IVR und Whatsapp. Händler für Landwirtschaftsbedarf erhalten die gleiche Warnung, um in ihren Geschäften die passenden Produkte aufzustocken und um Ratschläge und Unterstützung anbieten zu können. Dieses Frühwarnsystem für Pflanzenkrankheiten mit dem Namen „Ardena“ (arabisch für „unser Land“) wird Landwirten und Händlern 2020 verfügbar sein. „Ardena bietet mehr als nur Warnungen bei Pflanzenkrankheiten: Mithilfe eines Chatbots über Whatsapp können Bauern und Händler Produktinformationen zu Pflanzenschutzmitteln anfordern, den Standort des nächstgelegenen Händlers sowie Ort und Zeit der nächsten ‚Mobile Agricultural Clinic‘ erfahren,“ erklärt Sharma. Mit der hohen Verbreitungsrate von Mobiltelefonen war es logisch, die Landwirte auf diesem Weg zu erreichen. Die ansprechenden Sprachnachrichten kommen dabei nicht nur der niedrigen Alphabetisierungsrate der Bauern entgegen, sie wecken auch ihr Interesse am Inhalt. „Die Information in Echtzeit ermöglicht einen besonders effizienten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln,“ sagt Staal. Dies kann Kosten einsparen und ist schonender für die Umwelt. Darüber hinaus werden Ernteverluste verringert, was zu einem höheren Ertrag der Landwirte führt.
Ausblick
Das Projekt trägt erfolgreich zu den Sustainable Development Goals (SDGs) (1) Keine Armut, (2) Kein Hunger, (3) Gesundheit und Wohlergehen sowie (17) Partnerschaften zur Erreichung der Ziele bei. Der Erfolg ist für das Team um Staal jedoch nur der Beginn einer langen Reise. Der nächste Schritt beinhaltet die automatische Integration der Kommunikationsplattform in das Frühwarnsystem. Dies wird eine noch schnellere Warnung der Landwirte und Händler ermöglichen. Zukünftig sollen auch weitere potenzielle Funktionen wie die Beurteilung der Feldzustände mit Satellitenbildern und Marktinformationen (Preise und Kunden) integriert werden. Nicht zuletzt ist eine Ausweitung des Projekts auf weitere Kulturpflanzen und auf weitere Länder denkbar.