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Schätze aus dem Schredder
Rund 200 Kilogramm Kunststoffe stecken in einem Auto, sorgen für mehr Sicherheit und machen es leichter und dadurch spritsparender. Landet der Wagen irgendwann auf dem Schrottplatz, bleiben diese Kunststoffe zum Großteil ungenutzt. Das will BASF ändern. Zusammen mit ihren Partnern, der Forschungsgruppe BEST und dem Autohersteller Porsche, hat das Unternehmen ein Verfahren entwickelt, um gemischte Abfälle aus Altfahrzeugen zu recyceln. Im Interview erklärt Wiebke Speckels, Sustainability Manager bei BASF, wie das funktioniert.
Frau Speckels, was passiert mit meinem Auto, wenn es auf dem Schrottplatz landet?
Die meisten Verwerter interessieren sich kaum für Kunststoffe aus Altfahrzeugen. Sie bauen höchstens größere Teile wie den Stoßdämpfer aus, die bereits recycelt werden können. Der Großteil des Autos wird jedoch geschreddert, um die wertvollen Metalle zu gewinnen und weiterzuverkaufen – diese machen den größten Anteil am Recycling nach Gewicht aus, während die Kunststoffe zum Großteil ungenutzt bleiben und verbrannt werden.
Warum werden sie nicht recycelt?
In einem Auto sind bis zu 2.000 Kunststoffteile verbaut, die meistens mit anderen Stoffen wie Lack, Folie oder Schaumstoff verbunden sind. Diese Mischung ist so komplex, dass sie als nicht recycelbar gilt. Wir wollten mit unserem Projekt zeigen, dass man sie sehr wohl zurück in den Automobilkreislauf führen kann. Denn wir sehen hier ein großes Potenzial: Allein in Europa erreichen jedes Jahr etwa 5 Millionen Autos ihr Lebensende.
Wie funktioniert der neue Ansatz?
Bei unserem Pilotprojekt konnte erstmals ein Abfallstrom, der nur aus Automobilabfällen und Biomasse wie Holz bestand, in einem Gasifizierungsprozess für die Kunststoffproduktion recycelt werden. Die Gasifizierung ist eine Variante des chemischen Recyclings, das Kunststoffe in ihre Bausteine zerlegt oder in Grundchemikalien umwandelt. Bei der Gasifizierung werden gemischte Abfälle unter hohem Druck, bei hoher Temperatur und unter kontrolliertem Sauerstoffmangel in Synthesegas umgewandelt.
Wie nutzen Sie dieses Synthesegas?
Das Synthesegas, beziehungsweise das synthetische Rohöl, das bei unserem Projekt entsteht, ersetzt die fossilen Rohstoffe in der BASF-Wertschöpfungskette. Synthesegas ist der Ausgangsstoff für zahlreiche Produkte wie zum Beispiel Kunststoffe. Im Rahmen des Projekts haben wir das chemisch recycelte Gas für die Herstellung neuer Lenkräder verwendet. Die Zuordnung erfolgt über unseren Massenbilanzansatz. Unser Ziel ist es, den Anteil an recycelten Materialien für unsere Produktion in Zukunft zu erhöhen.
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Es geht nicht in erster Linie darum, wie wir Kunststoffe verwenden, sondern darum, was wir am Ende ihrer Lebensdauer mit ihnen machen. Wir brauchen die richtigen Sammelsysteme – das wäre der Schlüssel zur Lösung.
Welche Herausforderungen sehen Sie?
Es ist nach wie vor deutlich günstiger, neue Kunststoffe aus Erdöl herzustellen als recycelte Materialien zu nutzen, da die neue Technologie energieintensiv und aufwändig ist. Ohne politische Regulierungen, die den Anteil von Recyclingkunststoffen vorschreiben, gibt es für Unternehmen kaum Motivation, in diese aufwendige Technologie zu investieren.
Welches Potenzial hat die Gasifizierung für andere Anwendungen? Werden wir bald unsere Plastikflaschen gasifizieren?
Gasifizierung macht keinen Sinn, wenn sich Produkte wie etwa PET-Flaschen mechanisch recyceln lassen. Das heißt, wenn aus alten Flaschen wieder neue werden: Das ist immer noch der Königsweg. Gasifizierung eignet sich stattdessen für gemischte Abfallströme, für die es bislang keine etablierten Recyclingwege gibt. Wie eben den Automobilschredderrückstand oder Sortierreste aus dem Verpackungsrecycling. Um Recyclingziele zu erreichen, müssen sich unterschiedliche Methoden gegenseitig ergänzen.




