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Neustart in Santiago de Chile

22. Februar 2020

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Starthilfe für junge Menschen

Espacio Inclusivo, ein von BASF in Santiago de Chile gegründetes Ausbildungs­programm, richtet sich an junge Menschen aus einfachen Verhält­nissen. Hier erwerben sie wichtige Fähig­keiten, die ihnen zu qualifi­zierten Arbeits­plätzen verhelfen können.

In einem Handwerksbetrieb im Norden Santiagos de Chile füllt eine Gruppe junger Menschen Autoteile mit Spachtelmasse aus und schleift sie streichfertig ab. Sie besuchen einen Kurs in der Autoreparaturlackierung, jetzt in der dritten Woche, und bekommen endlich die Chance, einige der erlernten Techniken in die Praxis umzusetzen.

 

Die Jugendlichen sind Teilnehmer bei Espacio Inclusivo, einem dreimonatigen Kurs, den BASF gemeinsam mit ihren Partnern SK Bergé, einem der größten Autohäuser Chiles, 3M und Ausbildungseinrichtungen durchführt. Nach dem Ende des Ausbildungsprogramms werden den Schülern Praktika angeboten. In den vergangenen vier Jahren haben rund 150 Schüler den Kurs erfolgreich abgeschlossen. Viele von ihnen sind heute in der Branche tätig.

In Chile sind fast 16 Prozent der jungen Menschen nicht in Ausbildung oder Beschäftigung. Espacio Inclusivo von BASF bildet sie in der Autolackierung aus – eine hoch qualifizierte Arbeit, die in der wachsenden Industrie gut bezahlt wird.

Ein Neuanfang


Bei diesem Kurs geht es jedoch nicht nur darum, neue Fähigkeiten zu erwerben. Für Katherine Jara, eine frisch gebackene Absolventin, war er eine Art Rettung. Als ihr Vater starb, riss dies eine große Lücke in ihr Familienleben. Sie verließ ihr Haus wochenlang nicht. Dann stieß sie im Internet auf eine Anzeige für den Kurs. Der Autolackierkurs fiel ihr zwischen Pflege- und Sekretariatsseminaren sofort auf. „Ich habe mich schon immer für Jobs interessiert, die als Männerberufe gelten. Wahrscheinlich, weil ich meinem Vater auf dem Bau geholfen habe“, sagt sie. Inzwischen arbeitet Katherine bei SK Bergé.
 

Das Projekt wurde von Fernando Farías, ehemaliger Geschäftskoordinator des Autolackgeschäfts bei BASF in Chile, und seinem Team entwickelt. „Wir haben festgestellt, dass eines der Haupthindernisse für die Werkstätten, die Lacke von BASF kaufen, der Mangel an ausgebildeten Mitarbeitern ist“, sagt Farías.

Die Zahl der Autos in Chile hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. 2018 haben die Händler eine Rekordmenge von über 400.000 Neuwagen verkauft – 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Das hat dazu geführt, dass Zulieferindustrien wie die Autolackierung darum kämpfen müssen, Schritt zu halten. Sie ist traditionell ein handwerkliches Geschäft, das in kleinen Familienwerkstätten durchgeführt wird und dessen Fertigkeiten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Farías und sein Team sahen einen Weg, die Interessen des Unternehmens mit denen seiner Partner zu verbinden. Gleichzeitig wird so jungen Menschen geholfen, die aus schwierigen sozialen Verhältnissen stammen und im Leben weiterkommen möchten.

Ich habe mich schon immer für Jobs interessiert, die als Männerberufe gelten.“

Katherine Jara

Ehemalige Schülerin bei Espacio Inclusivo

Fertigkeiten für das Leben


Mario Urra, einer der BASF-Schulungsleiter, sagt, dass der Kurs für die Schüler aus schwierigen Verhältnissen die Wende bringen kann. Ein ehemaliger Teilnehmer kam aus einem der härtesten Viertel Santiagos. Sein Vater saß im Gefängnis, seine Mutter war drogenabhängig. Er sah kaum Auswege aus seiner misslichen Lage. Aber er war einer der Engagiertesten im Kurs und blieb länger, um Tipps zu bekommen und beim Aufräumen zu helfen. Als er einmal drei Tage lang nicht auftauchte, ging Urra zu ihm hin, um herauszufinden, was los war. Der Schüler war desillusioniert, aber Urra überzeugte ihn, zurückzukehren. Jetzt, ein paar Jahre später, ist er in einer Werkstatt angestellt, hat eine Freundin und ein eigenes Auto. Kürzlich ist er in eine Wohnung außerhalb seiner alten Nachbarschaft gezogen. „Das ist mehr als ein Job, es geht um Lebensqualität“, so Urra.

Starting Ventures


Espacio Inclusivo ist ein Projekt von BASF Starting Ventures. Dieses Programm hat das Ziel, nachhaltige Geschäftslösungen zu entwickeln, die Menschen mit niedrigem Einkommen zu mehr Lebensqualität verhelfen. Gleichzeitig sollen der Markt für die Produkte von BASF erweitert und tragfähige Geschäfts beziehungen aufgebaut werden. Ins Leben gerufen wurde die Initiative 2016. Heute gibt es weltweit zwölf Projekte in verschiedenen Branchen.

Ausbildung mit Perspektive

„Wir haben Espacio Inclusivo mitgegründet, weil wir wussten, dass viele der Werkstätten, an die wir unsere Autoreparaturlacke Glasurit® liefern, Schwierigkeiten hatten, qualifiziertes Personal zu finden. So haben wir uns gemeinsam mit unseren Partnern entschieden, arbeitslose junge Erwachsene bei der Ausbildung zum Kfz-Ausbeul- und Sprühlackierer zu unterstützen. Mit einem sicheren Einkommen können diese jungen Menschen nun ihren eigenen Weg gehen.“ 

Karin Willeke & Fernando Farías

Nachhaltigkeitsberaterin bei BASF & Gründer von Espacio Inclusivo

Im Espacio Inclusivo lernen die Schüler Schritt für Schritt, wie man Oberflächen vorbereitet, Formulierungen mischt und Farben aufträgt. Wenn sie hier fertig sind, sind sie fit für die Arbeitswelt. Wir haben uns einen guten Ruf bei der Qualität der von uns ausgebildeten Fachleute erarbeitet. Und wir haben die Rollen getauscht – die Werkstätten kommen jetzt zu uns.“

Cristobal Alvarado

Derzeitiger Schulungsleiter und ehemaliger Schüler von Espacio Inclusivo

Der Kurs vermittelt den Schülern die Fertigkeiten, die sie für den Arbeitsplatz benötigen. Wenn sie zum ersten Mal hierherkommen, sind einige zu spät oder legen ihre Füße auf den Tisch und spielen mit ihren Telefonen. Wir bringen ihnen bei, was es heißt, eine Arbeit zu haben und verantwortungsbewusst zu sein. Ich halte nach dem Abschluss Kontakt mit ihnen, schaue nach, wie es ihnen geht und helfe, wenn ich kann.“

Mario Urra

Schulungsleiter und Vertreter bei BASF für Glasurit

Espacio Inclusivo 4.0


BASF in Chile hat Espacio Inclusivo weiterentwickelt und bietet jetzt auch einen Kurs für Menschen mit Hörbehinderungen an.


Elf junge Menschen haben an dem Kurs teilgenommen, der den Schülerinnen und Schülern durch vielfältigen theoretischen und praktischen Unterricht ein optimales Training ermöglichte. Mit dazu gehörten Gebärdensprachdolmetscher, Echtzeit-Transkriptionssysteme sowie audiovisuelle Informationen, mit denen hörgeschädigte Schüler Analysemethoden entwickelten, um unter anderem Fahrzeugfarben gemäß Herstellercodes abzugleichen und auch beschädigte Bereiche von Autos zu reparieren. 

Nach Abschluss des Kurses konnten die Schüler ihre erworbenen Fähigkeiten in die Praxis umsetzen: Sie lackierten und restaurierten ein Auto in der Werkstatt eines BASF-Kunden. Kunden wie Kaufmann, eines der führenden Unternehmen auf dem Automobilmarkt, wurden darin geschult, die neuen Mitarbeiter in ihren Teams einzuarbeiten. Um zusätzlich eine nachhaltige Integration zu ermöglichen, kommunizierten sie über eine Anwendung, die Gebärdensprache in Echtzeit übersetzt.