Regionale Presse  |  25. Mai 2021
Ludwigshafen

Stolperschwelle erinnert an Opfer der Zwangsarbeit

  • Stolperschwelle in Gedenken an NS-Zwangsarbeiter verlegt
  • BASF stellt neue Initiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“ vor

Heute, 25. Mai 2021, wurde eine Stolperschwelle in Gedenken an über 30.000 Zwangsarbeiter verlegt, die von 1940 bis 1945 auf dem heutigen Werksgelände der BASF in Ludwigshafen ausgebeutet wurden. Michael Heinz, Standortleiter und Mitglied des Vorstands der BASF SE, und Monika Kleinschnitger, Sprecherin des Vereins Ludwigshafen setzt Stolpersteine e.V., verlegten die Schwelle, die von Künstler Gunter Demnig gefertigt wurde, gemeinsam vor dem Besucherzentrum an Tor 2.

„Die Schwelle steht stellvertretend für mehr als 30.000 Menschen, ihre Geschichten und ihre Schicksale. Wir laden dazu ein, an diesem Ort – heute und zukünftig – ihrer zu gedenken“, sagt Heinz. „Ich freue mich heute gemeinsam mit Michael Heinz den Boden zu bereiten – im wörtlichen und übertragenen Sinne“, so Kleinschnitger. „Stolpersteine sind Orte der Erinnerung, an denen wir den Blick nach unten richten, um uns vor den Opfern zu verneigen und uns an sie zu erinnern. Es ist gut, dass mit der Schwelle nun an das Schicksal so vieler Zwangsarbeiter unter ihnen gedacht wird.“

Seit Beginn des Zweiten Weltkriegs ersetzten in der deutschen Wirtschaft zunehmend ausländische Zivilarbeiter und Kriegsgefangene deutsche Arbeitskräfte, die zum Militär eingezogen wurden. In den damaligen I.G. Farben-Werken Ludwigshafen und Oppau stellten neben Franzosen vor allem sogenannte Ostarbeiter den Großteil der ausländischen Arbeitskräfte. Erhebungen gehen davon aus, dass hier während des Krieges insgesamt über 30.000 ausländische Arbeitskräfte beschäftigt waren, darunter rund 7.000 Kriegsgefangene. Die Fürsorge des Arbeitgebers gegenüber den Zwangsarbeitern beschränkte sich grundsätzlich auf jene Investitionen und Ausgaben, die zur Erhaltung der Arbeitskraft unbedingt nötig war. Die Zwangsarbeiter waren in sieben Lagern in unmittelbarer Nähe des Werksgeländes untergebracht, die schlecht gegen Luftangriffe geschützt waren. Auch die Bezahlung, Arbeitsbedingungen, Verpflegungsrationen und medizinische Versorgung der Zwangsarbeiter unterschieden sich deutlich von denjenigen der deutschen Arbeiter. Viele Zwangsarbeiter verloren dadurch ihr Leben.

BASF stellt neue Initiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“ vor

Am heutigen Tag ruft BASF zudem ihre neue Initiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“ ins Leben. Sie steht unter der Schirmherrschaft von Michael Heinz und Sinischa Horvat, Betriebsratsvorsitzender der BASF SE, und soll eine zukunftsgerichtete Erinnerungskultur fest im Unternehmen verankern.

„Es geht uns dabei nicht nur um die Beschäftigung mit der Unternehmensgeschichte. Es geht darum, sich auseinanderzusetzen – zum Beispiel ganz konkret mit Parallelen zu heutigen demokratiefeindlichen, rassistischen und antisemitischen Strömungen“, so Heinz. „Wir wollen Mitarbeitende wie Führungskräfte dazu anzuregen, im Alltag klar Position zu beziehen.“ „Ohne Geschichte gibt es keine Zukunft. Daher setzen wir uns auch als Betriebsrat dafür ein, in unserem Unternehmen aktiv für gemeinschaftliches Miteinander und eine Welt ohne Ausgrenzung einzustehen“, so Horvat.

Kernelement ist die Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte KZ Osthofen bei Worms, mit der BASF ein Seminarprogramm für ihre Mitarbeitenden am Standort Ludwigshafen aufsetzt. Die Initiative soll stetig wachsen und um weitere Maßnahmen ergänzt werden. Ab 1. Juni 2021 übernimmt die neue Standortleiterin Melanie Maas-Brunner gemeinsam mit Horvat die Schirmherrschaft als Nachfolgerin von Heinz.

 

Über Stolpersteine

Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort aus Messing gegossene Gedenktafeln – so genannte Stolpersteine – in den Gehweg einlässt. Seit 1996 hat er mehr als 75.000 Stolpersteine in über 1.200 deutschen Kommunen sowie weiteren europäischen Ländern verlegt.

Weitere Informationen unter: www.stolpersteine.eu

 

Über Ludwigshafen setzt Stolpersteine e.V.

Im Jahr 2007 gründete sich der Verein „Ludwigshafen setzt Stolpersteine“. Im Stadtgebiet wurden bisher 295 Stolpersteine verlegt. Von Beginn an erinnern die Stolpersteine in Ludwigshafen an Angehörige unterschiedlichster Opfergruppen – wie Juden, Homosexuelle, politische Gegner des NS-Regimes oder auch von Nationalsozialisten als sogenannte „Asoziale“ gebrandmarkte Personen – und zeigen damit die Breite der Verfolgung.

Weitere Informationen unter: www.ludwigshafen-setzt-stolpersteine.de

 

Über die Gedenkstätte KZ Osthofen

Das NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz in der Gedenkstätte KZ Osthofen ist zugleich ein Ort des Gedenkens, der Dokumentation und Erforschung sowie der pädagogischen Vermittlung der NS-Zeit für das Land Rheinland-Pfalz.

Weitere Informationen unter: www.gedenkstaette-osthofen-rlp.de

 

Der auf der Stolperschwelle geschriebene Text lautet:

 

1940 BIS 1945

ZWANGSARBEIT IN DEN I.G. FARBEN-WERKEN LUDWIGSHAFEN UND OPPAU

ÜBER 30.000 KRIEGSGEFANGENE UND ZIVILARBEITER AUS GANZ EUROPA

WERDEN ZUR ARBEIT GEZWUNGEN, DISKRIMINIERT, ENTRECHTET, UNTERERNÄHRT, MISSHANDELT

VIELE VERLIEREN IHR LEBEN

 

Katja Krauser
Katja Krauser
Standortpresse Ludwigshafen
Michael Heinz und Monika Kleinschnitger verlegten die Stolperschwelle vor dem Besucherzentrum symbolisch.
Michael Heinz und Monika Kleinschnitger verlegten die Stolperschwelle vor dem Besucherzentrum symbolisch.
Sinischa Horvart, Michael Heinz, Monika Kleinschnitger und Jutta Steinruck (von links) an der Stolperschwelle
Sinischa Horvart, Michael Heinz, Monika Kleinschnitger und Jutta Steinruck (von links) an der Stolperschwelle.
Sinischa Horvat und Michael Heinz (von links) sind die Schirmherren der neuen Erinnerungsinitiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“
Sinischa Horvat und Michael Heinz (von links) sind die Schirmherren der neuen Erinnerungsinitiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“
Letzte Aktualisierung 25. Mai 2021