9. März 2021
Nachhaltigkeit

Gemeinsam nachhaltige Chemie vorantreiben

9. März 2021

SusChem ist die europäische Technologieplattform für Nachhaltige Chemie. Sie wurde offiziell im Jahr 2004 als eine von der Europäischen Kommission unterstützte Initiative ins Leben gerufen, um die Forschung, Entwicklung und Innovation in der europäischen Chemie und industriellen Biotechnologie auf nachhaltige Weise neu zu beleben und zu inspirieren. Seit 1. Januar 2021 ist Josef R. Wünsch, Senior Vice President R&D Performance Materials, neuer Vorsitzender von SusChem. Wir sprachen mit ihm über seine Aufgaben und Ziele.

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Seit 1. Januar 2021 ist Josef R. Wünsch, Senior Vice President R&D Performance Materials, neuer Vorsitzender von SusChem.

Herr Wünsch, können Sie kurz erklären, was SusChem heißt und welche Themen im Fokus stehen?

SusChem steht für Sustainable Chemistry und ist eine sogenannte europäischen Technologieplattform (European Technology Platform, ETP). Diese ETPs sollen Europa in bestimmten Technologiefeldern nach vorne bringen. Im Fall von SusChem sind das die Themen nachhaltige Chemie und industrielle Biotechnologie. Wir wollen diese Themen im europäischen Forschungsrahmenprogramm stärker sichtbar machen und die Beteiligung des Chemie- und Biotechnologiesektors deutlich erhöhen. Thematisch konzentriert sich die SusChem dabei auf die die drei großen Themenfelder neue Materialien, neue Prozesse und Digitalisierung in der chemischen und biotechnologischen Industrie sowie in Querschnittsthemen wie zum Beispiel Chemikaliensicherheit, Kreislaufwirtschaft oder Energieeffizienz. Ich persönlich brenne für das Thema Nachhaltigkeit und fühle mich geehrt, als Vorsitzender der SusChem gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen die Aufgaben der SusChem zu leiten und zu gestalten.

 

Wie läuft das konkret?

Wir stehen heute vor gewaltigen Herausforderungen; denken Sie beispielsweise an den Klimawandel und die immer knapper werdenden Ressourcen dieser Erde. Um diese Herausforderungen zu bewältigen und unsere Industrie und Gesellschaft zu verändern, spielen Innovationen im Bereich nachhaltiger Lösungen und wegweisende Technologien zur Kohlendioxidreduktion (CO2) eine entscheidende Rolle. Wenn der Green Deal der EU erfolgreich sein soll, müssen wir ihn mit einer sehr ehrgeizigen Innovationsagenda kombinieren, um weitere Möglichkeiten zu identifizieren und Innovationen auf der Grundlage von verantwortungsvoller Forschung und Partnerschaften zu fördern. Darum geht es bei SusChem, einem Forum, das verschiedene Stakeholder wie Industrie, Wissenschaft, politische Entscheidungsträger und die breite Gesellschaft zusammenbringt, um Initiativen auf den Weg zu bringen.

Konkret findet die Tätigkeit der SusChem auf ganz verschiedenen Ebenen statt. In Technologie-fokussierten Arbeitsgruppen erarbeiten wir Positionspapiere zu aktuellen Themen. Darüber hinaus nehmen wir an Konsultationen der Europäischen Kommission teil und initiieren wegweisende Technologieprojekte. Wir organisieren bei der SusChem sogenannte Brokerage-Events. Hier bieten wir interessierten Unternehmen und Forschungsinstituten eine Bühne, um sich zu vernetzen und durch kollaborative Ansätze die EU-Förderprogramme, insbesondere Horizon Europe zu nutzen. Nicht zuletzt finden jährlich Stakeholder-Events aller Mitglieder und Interessenten zu aktuellen und strategischen Themen der Nachhaltigen Chemie und Biotechnologie statt.

 

Können Sie an einem Beispiel erklären, wie die unterschiedlichen Partner bei SusChem inhaltlich zusammenarbeiten?

Ich möchte kurz auf die gemeinsame Arbeit an einem Technologie-Strategiepapier, der „Strategic Innovation and Research Agenda (SIRA)“ eingehen, die jeweils zu Beginn eines neuen Forschungs- und Innovations-Rahmenprogramms in der EU (wie jetzt dem Horizon EU von 2021 bis 2027 mit einem Budget von EUR 95.5 Mrd.) Technologieprioritäten in Einklang mit den politischen Zielen der EU setzt. Idealerweise kombinieren diese Empfehlungen das politisch Gewünschte mit dem technologisch Erreichbaren und wirtschaftlich Machbaren. Der Entstehungsprozess dieses Schriftstücks dokumentiert den Multi-Stakeholder-Ansatz der SusChem im besten Sinn. Für die Erarbeitung der Vorschläge und die Evaluierung der Technologien haben wir Spezialisten in Arbeitsgruppen für die bereits genannten Tätigkeitsfelder der SusChem zusammengebracht. Diese verfügen über weitreichende Erfahrungen zu spezifischen Themen, Technologiegebieten, Innovationsprogrammen sowie akademischen Hintergründen und können auf ihr Netzwerk in ihren Organisatoren zugreifen. Begleitet wurde dieser Prozess von einem SusChem Innovation Team und einem externen Berater. Das vorläufige Dokument wurde dann einem etwas erweiterten Kreis zur Konsultation vorgestellt, ehe das finale Dokument im Dezember 2019 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

 

Gibt es Schwerpunkte, die Sie als neuer Vorsitzender setzen wollen?

Zunächst stehen technologische Fragen zu neuen Verfahren für die Herstellung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien im Vordergrund. Dann geht es um die Frage, was sichere und nachhaltigere Produkte sind. Dafür müssen wir Kriterien entwickeln. Zuletzt brauchen wir noch Verfahren und Methoden um sichere und nachhaltige Produkte gezielt zu entwickeln. Die Stichworte lauten hier safe and sustainable-by-design.

Zudem: Die jüngst veröffentlichte „EU Chemicals Strategy for Sustainability“ (CSS), die auf eine „Zero Pollution Environment“ als einem der Kernelemente des Europäischen Green-Deal abzielt, ist eine der großen Herausforderungen der europäischen chemischen Industrie. Ich habe in den ersten Wochen meiner Tätigkeit mit allen SusChem Vorstandsmitgliedern über unsere Agenda 2021-23 gesprochen und wir sind einhellig der Meinung, die einzelnen Punkte der CSS zum zentralen Baustein unserer Arbeit zu machen. Hierbei können wir Positionspapiere erarbeiten, um die Unverzichtbarkeit definierter Chemikalien bzw. den sicheren Umgang mit Chemikalien oder Technologien zu belegen. Ferner können wir aber auch Alternativen zu heute existierenden Chemikalien und Technologien basierend auf unserem Technologiepapier SIRA initiieren. Fragen danach, welche Technologien verfügbar sind und welche entwickelt werden müssen, um diese Ziele zu erreichen, werden definitiv einer der, wenn nicht DIE bestimmenden, Schwerpunkte der Wahlperiode und meiner Tätigkeit sein.

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Birgit Hellmann
Global Sustainability Communications
Letzte Aktualisierung 9. März 2021