18. Jänner 2018
Nachhaltigkeit

Chemie 4.0 – nachhaltig und digital

18.01.2018

BASF hat seit 2011 Nachhaltigkeit in seinem Unternehmenszweck „We create chemistry for a sustainable future“ verankert. Bei jedem Produkt wird gemessen, welchen Beitrag zur Nachhaltigkeit es unter gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten leistet. Zum Beispiel wird erhoben, wie ein Produkt auf Kosteneffizienz, Ressourcenschonung sowie Gesundheit und Sicherheit einzahlt. Dabei wird nicht nur die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt, sondern auch regionale und industriespezifische Unterschiede. Besonders nachhaltige Lösungen werden dann systematisch ausgebaut. Im September 2017 wurde BASF wegen seiner Nachhaltigkeitsleistung erneut in den Dow Jones Sustainability World Index aufgenommen, einer der bekanntesten Nachhaltigkeitsindizes. „Wir freuen uns sehr über dieses Ergebnis. Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung unserer Nachhaltigkeitsleistung, und zum siebzehnten Mal in Folge gelistet zu sein, bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Dirk Voeste, Leiter Sustainability Strategy. „Wir haben die Sustainable Solution Steering® Methode entwickelt und mit den Geschäftseinheiten und der Forschung eingeführt, um unsere Lösungen und Produkte weiter zu verbessern und gleichzeitig unser gesamtes Portfolio in Richtung Nachhaltigkeit zu steuern. Digitale Lösungen helfen uns dabei.“

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27,2% der analysierten BASF-Produkte (nach Umsatz) leisten bereits heute einen besonderen Beitrag zu Nachhaltigkeit.

IT-Lösung SMART macht Nachhaltigkeit transparent

So beispielsweise das von Supply Chain Operations & Information Services entwickelte Sustainability Metrics And Reporting Tool (SMART). Es gibt per Knopfdruck eine Übersicht, wie nachhaltig BASF-Produkte in ihrer jeweiligen Anwendung und Region sind. Zu den Kriterien gehören etwa Energiebedarf, Wasserverbrauch und Emissionen. Auch über Mengen, Umsätze und Margen pro Nachhaltigkeitskategorie gibt SMART Auskunft. Diese Verknüpfung mit Finanzkennzahlen hilft, ein Gesamtbild von ökonomischer und ökologischer Leistung zu erhalten und Kollegen im Verkauf oder dem Produktmanagement schnell und unkompliziert verkaufsunterstützende Argumente und Einsichten zu geben. „Unternehmensweite Auswertungen und Datenerhebungen für den Jahresbericht der BASF waren vor der Einführung von SMART sehr zeitaufwendig“, sagt Peter Kölsch, Teamleiter bei Applied Sustainability und Application Owner für SMART sowie Sustainable Solution Steering®. „Früher mussten wir die Analysen händisch erstellen. Dank SMART ist der Vorgang nun wesentlich einfacher und pragmatischer.“ Um Informationen aus SMART verstärkt im Marketing und Vertrieb nutzen zu können, entwickelte FS eine Lösung, die Sales-Informationen und Daten aus SMART zusammenführt und dadurch zielgruppengerechte Analysen ermöglicht. „Künftig können wir diese Lösung auch um weitere Funktionen erweitern“, sagt Stephan Sauer, Advanced Business Analytics. „So können wir zum Beispiel eine Empfehlungsfunktion für nachhaltige BASF-Produkte ergänzen.“

Kraftwerk 4.0

Ein möglichst nachhaltiges Angebot zu messen und zu steuern, ist das eine. Selbst mit vorhandenen Ressourcen effizient umzugehen, das andere. Bei beidem hilft die Digitalisierung: einmal mit einer entsprechenden Anwendersoftware, das andere Mal mit intelligenten Prognosen und Handlungsempfehlungen durch Systeme, die lernen. Denn zuverlässige und akkurate Prognosen sind der Schlüssel für den effizienten Gebrauch vorhandener Ressourcen. Ein Beispiel dafür ist das „Kraftwerk 4.0“, ein gemeinsames Projekt von European Site & Verbund Management und Supply Chain Operations & Information Services. Das Ludwigshafener Stammwerk der BASF ist das größte zusammenhängende Chemieareal der Welt. Der Verbundstandort hat trotz hocheffizienter Anlagen und Verfahren aufgrund seiner Größe einen enormen Energiebedarf bei Dampf und Strom, der umgerechnet etwa dem privaten Energiebedarf der Schweiz entspricht. Um diesen Bedarf zu decken, verfügt die BASF in Ludwigshafen über drei eigene Kraftwerke. Die Herausforderung besteht darin, eine wirtschaftliche, bedarfsgerechte Strom- und Dampfversorgung zu gewährleisten. Die Lösung ist ein intelligenter, hochdynamischer Mix aus eigener Energieproduktion mit möglichst geringen Reservekapazitäten und der ergänzenden Versorgung aus dem Energiemarkt.

Ziel der BASF ist es den Standort Ludwigshafen nicht nur optimal, sondern auch klimafreundlich mit Energie zu versorgen. Eine gute Lösung bieten hierzu die Gas- und Dampfturbinen-Anlagen. Sie verringern die eigenen CO2-Emissionen und schonen zugleich Ressourcen, indem sie die entstehende Abgaswärme zum Herstellen von Dampf nutzen. Dieser wird dann in den Produktionsbetrieben des Werkes für unterschiedlichste chemische Prozesse eingesetzt.
BASF möchte den Standort Ludwigshafen nicht nur optimal, sondern auch klimafreundlich mit Energie versorgen. Eine gute Lösung bieten die Gas- und Dampfturbinen-Anlagen. Sie verringern die eigenen CO2-Emissionen und schonen Ressourcen, indem sie die entstehende Abgaswärme zum Herstellen von Dampf nutzen. Dieser wird dann in den Produktionsbetrieben des Werkes für unterschiedlichste chemische Prozesse eingesetzt.

Ziel des Kraftwerks 4.0 ist die Verbesserung von Effizienz und Nachhaltigkeit durch den Einsatz neuer digitaler Methoden und Werkzeuge. Unter anderem stehen die Optimierung von Stromzukäufen aus dem öffentlichen Netz und der Verkauf temporärer Überschussmengen ins Netz im Fokus. Aber der Stromhandel ist ein hochkomplexes Geschäft. Strompreise mit kurzen Laufzeiten werden in Echtzeit gebildet und schwanken im Viertelstundentakt. Wer hier wirtschaftlich ein- und verkaufen will, muss in Sekunden entscheiden. In einem hochflexiblen Anlagenverbund erfolgte die Energieplanung der BASF früher auf Basis monatlicher Bedarfsprognosen für jeden einzelnen der über 200 Betriebe am Standort. Diese wurden dann manuell zusammengeführt. Auf dem Weg zum Kraftwerk 4.0 wurde diese Prognose automatisiert und auf einen Algorithmus umgestellt, der bisherige Bedarfe, Wetterdaten und Energiepreise berücksichtigt. Dann wurde zur optimalen Aussteuerung ein Big-Data-basiertes Analysetool eingesetzt, das Zusammenhänge innerhalb riesiger Datenmengen erkennt und so Entscheidungshilfen für Stromzukauf und -verkauf liefert. Zusätzlich spielt der Optimierer eine ganz wichtige Rolle für den Stromhandel beim Kraftwerk 4.0 – eine Software, die sowohl mit den Big-Data-Analysen als auch den aktuellen Börsendaten vernetzt ist. Sie berechnet in Abhängigkeit der aktuellen Strompreise, der aktuellen Werkslast und der Kraftwerksverfügbarkeiten permanent die Kaufen- und Verkaufen-Optionen und unterbreitet Handelsvorschläge. Wird ein Geschäft getätigt, werden automatisch die neuen Sollwerte für die Kraftwerke ermittelt und an deren Leitsysteme weitergegeben. „Damit das Energiemanagement wirklich wirtschaftlich und bedarfsgerecht vor sich geht, ist ein intelligenter, sehr dynamischer Mix vonnöten“, sagt Markus Scheuren, Energie-Verbund-Management.

Heute gehören die Ludwigshafener Kraftwerke zu den Vorreitern in Sachen Prognose mittels Big Data. Die Prognosesicherheit für Energiebedarfe konnte deutlich erhöht werden: „Während es früher Abweichungen von 20 bis 30 Prozent gab, liegt die Prognosegenauigkeit mithilfe des Algorithmus jetzt bei über 95 Prozent. Sie kommt also fast ganz genau an den tatsächlichen Energiebedarf heran“, erklärt Benjamin Priese, Advanced Business Analytics- IT Solutions. Und da aufgrund der genaueren Bedarfsvorhersagen geringere Reservekapazitäten erforderlich sind, reichen auch die vorhandenen Kapazitäten für neue Investitionen am Standort. Zusätzliche Investitionen in neue Anlagen von 30 Millionen Euro konnten vorerst vertagt werden.

Abfall 4.0

Jetzt geht der Vorstoß, Ressourcen effizienter zu nutzen, in die nächste Runde: Diesmal geht es um den Abfall. Durch eine Big-Data-basierte Abfallmengenprognose soll die Energie aus der Verbrennungsanlage dem Kraftwerk 4.0 noch mehr Kraft geben. „Wir erzielen damit eine zusätzliche Dampfvergütung in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro“, so Jürgen Faderl, Waste Management Production Wastes. Das Unterfangen ist sehr komplex. „Maschinelles Lernen kann hier gut unterstützen, weil extrem viele unterschiedliche Einflussfaktoren zusammenkommen“, erklärt Priese. Denn jedes Produkt hat einen anderen Brennwert. Über 800 verschiedene Abfallströme müssen somit analysiert und klug in neue „Heizpakete“ geschnürt werden. Das bringt zusätzliche Energie, die die Nachhaltigkeit nochmal „befeuert“.

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Birgit Hellmann
Global Sustainability Communications
Letzte Aktualisierung 18. Jänner 2018