26. Februar 2021
Magazin

Energiewende bei BASF

BASF macht ernst mit dem Klimaschutz und will an seinen Standorten zunehmend emissionsfreie Energie aus Wind und Sonne nutzen. Schwankende Produktionsmengen und hohe Kosten beim Strombezug sind nur einige der Herausforderungen, die noch gemeistert werden müssen.

Er hat das Zeug zum Labor für die Energiewende in der chemischen Industrie: der im Braunkohlerevier Niederlausitz gelegene BASF-Standort Schwarzheide im Bundesland Brandenburg. Nicht weit von dort, wo der Kohletagebau die Landschaft prägt, streckt nördlich des BASF-Werksgeländes mittlerweile Windrad um Windrad seine Flügel in die Luft. In und um Schwarzheide sind mehr als 360 Megawatt Leistung aus erneuerbaren Energiequellen installiert, weitere 300 Megawatt sind geplant. Damit wird viel mehr erneuerbare Energie erzeugt, als die Verbraucher in der Region abnehmen, teils sogar mehr, als das Netz aufnehmen kann. „Unsere Situation gleicht einem Blick in die Zukunft“, sagt Dr. Robert Preusche, Leiter Transformation Erneuerbare Energie bei BASF in Schwarzheide. „Der Anteil erneuerbarer Energie am Strommix um Schwarzheide liegt bereits heute bei Werten, wie sie die Bundesregierung deutschlandweit für 2030 oder 2040 anstrebt.“ Doch bevor BASF in Schwarzheide oder auch an anderen Standorten Energie aus nachwachsenden Quellen großflächig einsetzen kann, müssen noch einige technische und politische Herausforderungen bewältigt werden.

 

Verbundstandorte benötigen viel Energie

Ob Windflaute oder Wolkenvorhänge – künftig müssen trotzdem die für die Produktion benötigten Mengen an Strom aus regenerativen Quellen zur Verfügung stehen. Vor allem die sechs großen Verbundstandorte der BASF weltweit benötigen viel Energie. Dazu gehört auch Ludwigshafen, wo mehr als 200 Produktionsanlagen, die Energieversorgung, Logistik und Infrastruktur intelligent miteinander vernetzt und aufeinander abgestimmt sind. In diesem Verbundsystem kann zum Beispiel ein Betrieb die Abwärme eines anderen Betriebes als Energie nutzen und Nebenprodukte als Ausgangsstoff für die Herstellung anderer Produkte verwenden. Die Energie an den Verbundstandorten wird derzeit weitestgehend vor Ort in BASF-eigenen, hocheffizienten Gas- und Dampfkraftwerken erzeugt, die pro Megawattstunde produzierter Energie etwa 50 Prozent weniger COemittieren als der Strommix im öffentlichen Netz. „Wir können die interne Energieversorgung so umbauen, dass wir statt Erdgas Strom aus erneuerbaren Quellen verwenden. Doch die Strommengen, die der Standort dann benötigt, sind derzeit in der Region noch nicht verfügbar und können über die vorhandenen Stromnetze noch nicht nach Ludwigshafen transportiert werden“, sagt Markus Scheuren, Leiter Energie-Verbund-Management & Legislation bei BASF in Ludwigshafen.

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Das Herz des Verbundstandorts in Ludwigshafen ist der Steamcracker. Ab etwa 2030 soll er auf erneuerbare Energien umgestellt werden.

Netzentgelte und Abgaben verteuern den Bezug von Ökostrom

Eine weitere große Hürde, mehr Ökostrom in Deutschland in der Produktion zu nutzen, sind die hohen Netzentgelte und Abgaben auf den Bezug von Strom. „Sobald wir Strom, sei es Öko- oder Graustrom, von außen einkaufen, müssen wir die Umlagen zusätzlich zum regulären Strompreis bezahlen“, erläutert Dr. Roland Merger, der bei BASF weltweit für erneuerbare Energie verantwortlich ist. „Produzieren wir den Strom selbst vor Ort an unseren Standorten in vorhandenen Anlagen, fallen die Netzentgelte und Abgaben nicht an. Nur mit unserem Eigenstrom können wir wettbewerbsfähig produzieren.“ Und um große Mengen Ökostrom selbst an den BASF-Standorten zu produzieren, fehle meist schlicht der Platz.

Wir gehen die Energie­wende mit Entschlossenheit an und bauen eine klimafreundliche Chemie­industrie auf.“
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Dr. Martin Brudermüller

BASF-Vorstandsvorsitzender

„Damit wir erfolgreich sein können, brauchen wir erneuerbaren Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen“, betont daher auch Jürgen Fuchs, Vorsitzender der Geschäftsführung der BASF Schwarzheide. „Nur dann können wir unsere Pläne in Brandenburg realisieren und erneuerbare Energien unter anderem für die neue Anlage zur Herstellung von Batteriematerialien ab 2022 wirklich nutzen.“

 

Trotz aller Herausforderungen: Insgesamt 23 Standorte in Europa, Nordamerika und Asien wurden 2019 bereits mit emissionsfreiem Strom versorgt – sei es durch Direktbezug von Ökostrom oder über Grünstrom-Zertifikate. Wie etwa in Kanada: 2018 gingen BASF und Bullfrog Power, ein großer Anbieter erneuerbarer Energien in Kanada, eine Partnerschaft ein. Seitdem nutzt BASF Ökostrom für seine kanadische Unternehmenszentrale und weitere Produktionsstätten, die sich in den Provinzen des Landes mit den stärksten CO2-Emissionen befinden. Dadurch reduzierte sich der lokale CO2-Fußabdruck von BASF in Kanada um 50 Prozent. Bis zum Frühsommer 2020 hat das Unternehmen seine CO2-Emissionen so um rund 6.000 Tonnen verringert.

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BASF entwickelt emissionsarme Produktionsverfahren

Jeder einzelne dieser Schritte hängt eng mit der Nachhaltigkeitsstrategie von BASF zusammen, bei der Klimaschutz ein zentraler Baustein ist. „Der Weg in Richtung Energiewende ist gerade für die energieintensive Chemie eine gewaltige Herausforderung. Umso wichtiger ist es, dass wir sie mit Kreativität und Entschlossenheit angehen und eine klimafreundliche Chemieindustrie aufbauen“, sagt Dr. Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF. Bereits in den vergangenen Jahrzehnten hat BASF ihre CO2-Emissionen erheblich gesenkt, indem sie die Energieerzeugung und Produktionsprozesse optimiert hat. Um Treibhausgasemissionen noch einmal deutlich stärker zu verringern, entwickeln BASF-Forscher derzeit mit Hochdruck grundlegend neue, CO2-arme Produktionsverfahren, die ab ungefähr 2030 eingesetzt werden sollen. „Wir konzentrieren uns dabei auf die Produktion von Basischemikalien, denn sie sind für rund 70 Prozent der Treibhausgasemissionen der Chemie verantwortlich“, so Brudermüller. „Durch Elektrifizierung und neue Prozesse mit Strom aus erneuerbaren Quellen könnten wir diese Basischemikalien in Zukunft nahezu emissionsfrei erzeugen. Dadurch wird unser Strombedarf allein in Ludwigshafen um etwa das Dreifache steigen.“

 

Schwarzheide investiert in die Energiewende

Im Energiewendelabor in Schwarzheide wird derweil schon das BASF-eigene Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk modernisiert: 73 Millionen € investiert BASF, um künftig nicht nur Strom und Dampf mit einem noch geringeren CO2-Fußabdruck zu erzeugen, sondern auch die Kraft von Wind und Sonne für die Versorgung der Produktionsanlagen einbinden zu können. „Wir wollen mit unserem Pilotprojekt beweisen, dass trotz der hohen Anforderungen der chemischen Industrie an die Versorgungssicherheit erneuerbare Energien im industriellen Maßstab genutzt werden können“, erläutert Geschäftsführer Fuchs. Das modernisierte Kraftwerk auf dem BASF-Gelände kann Schwankungen besser abfangen und binnen Minuten hoch- oder heruntergefahren werden – je nachdem, ob ausreichend Strom aus Erneuerbaren verfügbar ist oder nicht.

 

Darüber hinaus wird aktuell ein Konzept erarbeitet, um zwei unterschiedliche Batteriespeicher zu testen: zum einen stationäre NAS®-Batterien, die auf der bewährten Natrium-Schwefel-Technologie des japanischen Herstellers NGK Insulators, Ltd. basieren und vom BASF-Tochterunternehmen BASF New Business vertrieben und weiterentwickelt werden. Zum anderen liefert der BASF-Unternehmensbereich Intermediates einen der beiden Elektrolyte für organische Redox-Flow-Batterien der Firma JenaBatteries. Die Tests der Batteriespeicher sollen kombiniert mit erneuerbaren Energien ablaufen, um eine stabile und zuverlässige Versorgung zu gewährleisten. Fuchs betont: „Es ist wichtig, dass wir hier in Schwarzheide schon jetzt die Weichen stellen und die Integration erproben, weil die Chemie der Zukunft sehr viel stärker auf Strom aus erneuerbaren Energien bauen wird.“

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