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Porträt Mike Svoboda

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Mike Svoboda ©Andreas Jung

Porträt Mike Svoboda

 

Er spielte Alphorn auf dem Dach des World Trade Centers und Posaune bei den Donaueschinger Musiktagen. Er steppte zur Musik von Karl-Heinz Stockhausen in der Mailänder Scala und arbeitete mit Frank Zappa zusammen. Er komponiert, dirigiert und lehrt als Professor an der Musikhochschule Basel „Performance zeitgenössischer Musik“ – Mike Svoboda ist ein kreatives Kraftwerk und immer für eine Überraschung gut. Beste Voraussetzungen also für das Künstlerporträt der Saison 2023/24.

Geboren auf der Südseeinsel Guam, wuchs Svoboda in Chicago auf. Mehr oder weniger zufällig kam er Anfang der 1980er-Jahre nach Europa. Deutschland, wo er zwischenzeitlich über 30 Jahre lebte, bezeichnet er heute als seine zweite Heimat. Längst zählt Svoboda zur ersten Garde der Posaunisten. Konsequent hat er sich für die Repertoireerweiterung des Instruments eingesetzt und bisher sage und schreibe mehr als 400 Kompositionen uraufgeführt.

„Ich mag die Armut meines Instruments“, erzählt Svoboda. „Man kann nicht vier Töne auf einmal spielen, Harmonie steht mir kaum zur Verfügung, die Posaune ist ein rein melodisches Instrument. Ich kann nur mit Artikulation, Vibrato, Klang, Dynamik arbeiten, also muss ich kreativ werden, um aus diesen wenigen Mitteln etwas zu schaffen.“ Wie gut ihm das gelingt, können Besucherinnen und Besucher im Rahmen eines Sinfoniekonzerts erleben, bei dem sich der vielseitige Künstler dem Publikum als Interpret eines Posaunenkonzerts aus eigener Feder vorstellt.

Svobodas kompositorisches Œuvre reicht von großen Orchesterwerken bis zur satirischen Kleinkunst. Sein Wirken ist dabei stets von dem Anspruch geleitet, auf die Menschen zuzugehen und die Distanz zwischen Bühne und Auditorium zu überbrücken, ohne jedoch die Musik effektheischenden Kompromissen preiszugeben. Die Süddeutsche Zeitung beschrieb ihn als: „Ein bisschen Otto, ein wenig Loriot, Hochleistungsartist und Musikclown.“ Letzteres zielt zweifellos auf Svobodas viel gerühmte Entertainerqualitäten ab. Dass er ein reiner Unterhalter sei, mag der Amerikaner aber nicht unkommentiert auf sich sitzen lassen. „Ich versuche, meine Programme zu vermitteln. Dazu muss man die Leute schon ansprechen, aber ich erzähle auf der Bühne keine Standardwitze. Einen Entertainer nennen mich meist die Leute aus der Neuen-Musik-Ecke.“

Im besten Sinne unkonventionell ist Svobodas Erfolgsstück „Do you love Wagner?“. Eine Collage aus Texten für, gegen und von Richard Wagner – unter anderem von Thomas Mann, Erik Satie oder Friedrich Nietzsche, die ergänzt werden durch Jazz-, Rock- oder Schifferklavierversionen bekannter Musikstücke Wagners, kurzum: ein Gesamtkunstwerk von außergewöhnlicher Neuartigkeit, das allerdings nur begrenzt Bayreuth-tauglich ist. Svoboda und seine Mitstreiter kratzen am Mythos und bürsten mit Hingabe gegen den Strich, eröffnen aber gerade dadurch ungeahnte Sicht- und Hörweisen. Oder um es mit den Worten Svobodas zu sagen: „Ich mache nichts kaputt, aber ich gestalte um. Ich wollte kein Statement darüber abgeben, ob ich Wagner liebe, sondern den Hörerinnen und Hörern verschiedene Facetten präsentieren, damit sie selbst überlegen können: Liebe ich nun die Musik, die Persönlichkeit oder das Phänomen Wagner? Ich persönlich finde Wagners Musik großartig, den Menschen kenne ich nicht." Ein virtuoses Spektakel. Ganz bestimmt nichts für Puristen und engstirnige Gralshüter – aber wahnsinnig komisch.

 

Dass ihm als sechsfachem Vater der Nachwuchs ganz besonders am Herzen liegt, stellt Mike Svoboda im Rahmen des Porträts mit gleich zwei Programmen unter Beweis. „Ich finde es wichtig, dass man ein breites Publikum anspricht, auch ein junges Publikum. Bei einem Familienkonzert sind allerdings die Hälfte des Publikums Erwachsene. Walt Disney hat sein Erfolgsrezept einmal so formuliert: ‚I make adults’ films for children and children’s films for adults‘. So sehe ich das auch. Es muss immer für alle Beteiligten etwas dabei sein.“

Konzerte im Überblick